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Die Spielabteilung des TV Engers wurde im Jahre 1913 Meister in der C-Klasse

des Westdeutschen Spielverbandes Bezirk Koblenz

 

Aus den Anfängen des Fußballsports in Engers

Auf eine einhundertjährige Vereinsgeschichte kann im Engerser Jubiläumsjahr 2007 auch der örtliche Fußballverein zurückblicken, der FV Engers 07. Noch heute schwärmen viele ältere Fußballfans der ganzen Region von den ruhmreichen Oberligazeiten der Engerser Kicker zu Beginn der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als legendäre Fußballgrößen wie Fritz Walter, Horst Eckel oder Werner Liebrich am Wasserturm zu Gast waren und die Engerser es fertig brachten, im Meisterschaftsjahr der „Roten Teufel“ diese auf  auf dem Betze mit 1:0 zu schlagen!

Wie aber waren die Anfänge des Fußballsports in Engers und wann mag man dort überhaupt zum ersten Mal Fußball gespielt haben? Um es vorweg zu sagen: Die Quellenlage ist leider recht dürftig und obwohl Jürgen Moritz in den letzten Jahren unzählige vergilbte Seiten studiert hat, fand er kaum Informationen zu den Anfängen der herrlichsten Nebensache der Welt im Flecken. Aber einige Hinweise lassen doch Rückschlüsse zu. So konnte man in der Bendorfer Zeitung am 9. Juni 1900  lesen, dass am nächsten Tag in Engers „Olympische Spiele“ stattfinden würden. Daniel Kappel, der rührige Turnvater des Mittelrheins aus Neuwied, lud dazu ein. Austragungsort für die Spiele sollte der Exerzierplatz der Engerser Kriegsschule sein, die „in liebenswürdigendem Entgegenkommen“ den Platz zur Verfügung gestellt hatte. Als Sportarten wurden Deutscher Schlagball, Faustball, Schleuderball, Barlaufen, Kreuzball und zum Schluss Fußball gespielt. Die Einladung richtete sich an alle Turner, wobei angemerkt wurde, „dass als Spielregeln diejenigen in Anwendung kommen, welche der Zentrale Ausschuss für Jugendspiele herausgegeben hat“. Einige der vorgenannten Sportarten wie Barlaufen oder Kreuzball muten uns heute exotisch an, aber: Es wurde Fußball gespielt und Turner hatten dazu eingeladen! Denkt man an das über lange Zeit gespannte Verhältnis der deutschen Turnbewegung zu der „Fußballlümmelei der Engländer“, wie es der Professor und TurnlehrerKarl Plank aus Stuttgart noch 1898 bezeichnete, so war dies bemerkenswert! Auch wenn der Chronist der Jubiläumsbroschüre zum 40. Vereinsjubiläum des Fußballvereins im Jahre 1947 noch zu berichten wusste, dass die ersten Fußballer des F.C. Roland „einem Engers gegenüber standen, das außer Turnen keiner sonstigen Sportart gut gesinnt war.“ Dennoch hatten viele Turner jener Zeit wohl inzwischen ihren Frieden mit dem Fußballsport geschlossen, denn der frühere Leiter des Amtes für Leibesübungen der Stadt Neuwied, Heinrich Setton, schrieb im Jahr 1927 davon, dass auch die ersten Fußballabteilungen in Neuwied im Jahr 1903 von den Turnern des TVHeddesdorf sowie vom Turn- und Fechtclub Neuwied gebildet worden seien.

Wenn damals wie heute im Rahmen eines Sportfestes Fußball gespielt wird, kann man sicher davon ausgehen, dass dieses Sportart nicht zum ersten Mal betrieben wird, woraus sich schließen lässt, dass in Engers zumindest bereits Ende des 19. Jahrhunderts Fußball gespielt wurde. Die Auswahl des Sportplatzes bestätigt zudem die Aussage eines Zeitungsartikels aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, der die jungen Offiziersschüler der Kriegsschule als Wegbereiter für den Fußballsport in der Engers/Bendorfer Region benennt. Im Jahr 1904 findet man den nächsten Engers betreffenden Hinweis auf die damals noch junge Ballsportart, indem mittels einer Zeitungsanzeige junge Leute aus Bendorf, Sayn, Mülhofen und Engers zu „allgemeinen öffentlichen Ballspielen wie Fuß-, Schleuder- und Schlagball“ auf den großen Spielplatz an der Bendorfer Rheinwerft eingeladen werden. Damit ist dann die Berichterstattung über die Anfänge des Fußballsports in Engers zunächst einmal für einige Jahre zu Ende. Erst gegen Ende des Jahrzehnts gibt es wieder Informationen aus den frühen Tagen der Kicker aus dem Flecken, nun aber schon in Form von Ergebnis- und Spielberichten. In der örtlichen Zeitung wird über zwei Begegnungen des F.C. Victoria Engers gegen die Victoria aus Neuwied sowie über ein in Engers stattgefundenes Pokalspiel berichtet. Die Spielberichterstattung jener Jahre erfolgte in einer uns heute martialisch anmutenden Sprache: Man „belagerte das feindliche Goal“- der Begriff Tor war noch ungebräuchlich-, man „kämpfte heftig“ auf beiden Seiten und der Gegner machte im Spielverlauf „heftige Ausfälle“. Eine Sprache, die uns heute vorkommt, als wenn es um die Erstürmung einer Festung ginge. Die Zuschauerzahlen jener Jahre erreichten zwar noch nicht die Größenordnung der zwanziger Jahre, wo sich schon einmal tausend Fußballbegeisterte um das Engerser Spielfeld versammelten, und erst recht nicht die nach mehreren tausend zählenden Besucherzahlen der frühen fünfziger Jahre. Sie waren aber trotzdem  schon beachtlich: Rund 300 Fans sollen sich bei einem Spiel der Victoria gegen eine Neuwieder Mannschaft im Jahr 1911 begeistert haben. Das Spiel wurde übrigens von den Engersern 7:0 gewonnen! Im gleichen Jahr beging der F.C. Victoria Engers sein drittes Stiftungsfest, wobei die sportlichen Aktivitäten an einem Septembersonntag unter anderem so fußballferne Sportarten wie Freiweithochsprung und Tauziehen umfassten. Ein Festball, ein Konzert -ausgeführt vom Engerser Musikverein- und Theateraufführungen im „Rheinischen Hof“ rundeten den Jubeltag ab. „Der Fußballkönig“, ein Schwank, sowie ein humoristisches Duett mit dem Titel „Knuff und Puff, die Elfmetertreter“ gelangten dabei zur Aufführung. Einige Zeit später waren die Engerser Ballkünstler nur noch eine Spielabteilung des örtlichen Turnvereins. Aber dies wäre schon eine neue Geschichte...

 

 

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